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k:katharsis [2013/03/17 23:19]
christian
k:katharsis [2024/02/03 20:18] (aktuell)
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 K‹ geht zurück auf gr. καθαρσις von καθαίρω (ab-, wegwaschen, abspülen; befreien, sühnen). Der Stamm ist unklar. »Eine annehmbare [[e:Etymologie]] fehlt.« (Frisk, I, 752) Die lat. Entsprechung ist //purgatio// (Reinigung, Rechtfertigung; von //purus// – verwandt mit πῦς, Feuer – rein, sich gleichsam abstoßend von //pus,// Eiter), daher dann //purgatorium// (Fegefeuer) mit dem komplementären //purgamentum,// gr. καθαρμα, für das Herausgesäuberte (Schmutz, Unrat; Auswurf) und //purgamen// mit dem polaren Doppelsinn, Unrat und Sühnungsmittel, also Befleckung und Reinigung in Einem zu bezeichnen. Der Term ›K‹ verweist vor aller ästhetischen [[b:Bedeutung]] in der Poetik des Aristoteles auf eine »Reinigung [...] in eigentl. u. übertragenem Sinn« (Benseler-Kaegi, //Gr. Wb.//), vom alltäglichen Akt des Sich-Waschens, bis zu dessen metonymischer Ausdehnung auf rituelle ›Waschungen‹ nach einer ›Befleckung‹ oder einem ›Frevel‹ wie »unerlaubter Betretung eines heiligen Orts« (Stichw. καθαρμός, ebd.; vgl. Dodds 1951). K‹ geht zurück auf gr. καθαρσις von καθαίρω (ab-, wegwaschen, abspülen; befreien, sühnen). Der Stamm ist unklar. »Eine annehmbare [[e:Etymologie]] fehlt.« (Frisk, I, 752) Die lat. Entsprechung ist //purgatio// (Reinigung, Rechtfertigung; von //purus// – verwandt mit πῦς, Feuer – rein, sich gleichsam abstoßend von //pus,// Eiter), daher dann //purgatorium// (Fegefeuer) mit dem komplementären //purgamentum,// gr. καθαρμα, für das Herausgesäuberte (Schmutz, Unrat; Auswurf) und //purgamen// mit dem polaren Doppelsinn, Unrat und Sühnungsmittel, also Befleckung und Reinigung in Einem zu bezeichnen. Der Term ›K‹ verweist vor aller ästhetischen [[b:Bedeutung]] in der Poetik des Aristoteles auf eine »Reinigung [...] in eigentl. u. übertragenem Sinn« (Benseler-Kaegi, //Gr. Wb.//), vom alltäglichen Akt des Sich-Waschens, bis zu dessen metonymischer Ausdehnung auf rituelle ›Waschungen‹ nach einer ›Befleckung‹ oder einem ›Frevel‹ wie »unerlaubter Betretung eines heiligen Orts« (Stichw. καθαρμός, ebd.; vgl. Dodds 1951).
  
-Wie für alle »wichtigen [[k:Kategorie|Kategorien]] der [[a:Ästhetik]]« gilt für die K, dass sie »nicht aus der Kunst ins Leben, sondern aus dem Leben in die [[k:Kunst]]« gekommen ist (Lukács 1963/1981). George Thomson, wie vor ihm bereits Jacob Bernays (1857), hat sie auf die magisch-medizinischen Heilpraxen zurückgeführt, in denen es um die »Austreibung der Krankheit zwecks Erneuerung der Lebenskräfte« geht (1941/1979). Das im antiken Athen im Kontext der Ausbildung der [[d:Demokratie]] geprägte Theater mit seiner kathartischen Funktion lässt sich als Abkömmling sozialintegrativer Riten begreifen. Wo die Klassengegensätze das [[g:Gemeinwesen]] zu zersetzen drohen, bedarf es einer rituellen Versöhnung, die das Unglück nicht verleugnet, jedoch die Aufgabe hat, es als »//conditio humana// einzuschärfen – indem es als eines vorgestellt wird, das alle betreffen kann, ungeachtet ihrer gesellschaftlichen Stellung, macht es noch »die Allerelendesten geneigt, sich für glücklich zu halten« (Lessing, //Hamburgische Dramaturgie,// 78. Stück). Bertolt Brecht hingegen wird sich die Frage stellen, was »an die Stelle von [[a:Angst/Furcht|Furcht]] und Mitleid gesetzt« werden kann, »des klassischen Zwiegespanns zur Herbeiführung der aristotelischen K« (//Über experimentelles Theater,// 1939/40). »War es möglich, etwa anstelle der Furcht vor dem Schicksal die Wissensbegierde zu setzen, anstelle des Mitleids die Hilfsbereitschaft?« (...) Antonio Gramsci weist dem Begriff eine entscheidende [[h:Hegemonie|hegemonie]]theoretische Bedeutung zu: um eine gesellschaftlich führende Rolle erlangen zu können, muss das [[e:ethisch-politisch|ethisch-politische]] Projekt einer Gruppe oder Klasse von korporatistischen Gruppeninteressen gereinigt und in eine Form gebracht werden, die einen zumindest partiell klassenübergreifenden [[k:Konsens]] findet. +Wie für alle »wichtigen [[k:Kategorie|Kategorien]] der [[a:Ästhetik]]« gilt für die K, dass sie »nicht aus der Kunst ins Leben, sondern aus dem Leben in die [[k:Kunst]]« gekommen ist (Lukács 1963/1981). George Thomson, wie vor ihm bereits Jacob Bernays (1857), hat sie auf die magisch-medizinischen Heilpraxen zurückgeführt, in denen es um die »Austreibung der Krankheit zwecks Erneuerung der Lebenskräfte« geht (1941/1979). Das im antiken Athen im Kontext der Ausbildung der [[d:Demokratie]] geprägte Theater mit seiner kathartischen Funktion lässt sich als Abkömmling sozialintegrativer Riten begreifen. Wo die Klassengegensätze das [[g:Gemeinwesen]] zu zersetzen drohen, bedarf es einer rituellen Versöhnung, die das Unglück nicht verleugnet, jedoch die Aufgabe hat, es als »//conditio humana// einzuschärfen – indem es als eines vorgestellt wird, das alle betreffen kann, ungeachtet ihrer gesellschaftlichen Stellung, macht es noch »die Allerelendesten geneigt, sich für glücklich zu halten« (Lessing, //Hamburgische Dramaturgie,// 78. Stück). Bertolt Brecht hingegen wird sich die Frage stellen, was »an die Stelle von [[a:Angst/Furcht|Furcht]] und <!--[-->[[m:Mitleid|Mitleid]]<!--]--> gesetzt« werden kann, »des klassischen Zwiegespanns zur Herbeiführung der aristotelischen K« (//Über experimentelles Theater,// 1939/40). »War es möglich, etwa anstelle der Furcht vor dem Schicksal die Wissensbegierde zu setzen, anstelle des Mitleids die Hilfsbereitschaft?« (...) Antonio Gramsci weist dem Begriff eine entscheidende [[h:Hegemonie|hegemonie]]theoretische Bedeutung zu: um eine gesellschaftlich führende Rolle erlangen zu können, muss das [[e:ethisch-politisch|ethisch-politische]] Projekt einer Gruppe oder Klasse von korporatistischen Gruppeninteressen gereinigt und in eine Form gebracht werden, die einen zumindest partiell klassenübergreifenden [[k:Konsens]] findet. 
    
  

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k/katharsis.1363558792.txt.gz · Zuletzt geändert: 2013/03/17 23:19 von christian     Nach oben
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