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- | K bezeichnet einen [[h:Herrschaft]]stypus, bei dem ein auf Grund seiner ökonomischen und ›kulturellen‹ <!--[-->[[m:Macht|Macht]]<!--]--> einflussreicher Lokalherr eine Doppelfunktion ausübt: Einerseits ist er von unten getragen (bzw. seine Macht lokal verankert), zugleich aber fungiert er als Statthalter einer Zentralmacht. Indem er am Kreuzungspunkt lokaler und nationaler bzw. globaler [[i:Interesse|Interessen]] agiert, sorgt er für sich und seine Klientel, muss aber auch in der Lage sein, die Belange der Zentrale gegen die eigene Basis zu vertreten. Er ist der Repräsentant eines ›[[i:Imperium|Imperiums]]‹ – des spanischen Königs gegenüber der mexikanischen Gemeinde oder auch des spanischen Zentralstaats gegenüber den Provinzen. Er fungiert als intermediäre Relaisstation nationaler bzw. imperialer Herrschaft und sorgt für den [[k:Konsens]] der Subalternen ›vor Ort‹, dem er im Zweifelsfall mit [[g:Gewalt]] Nachdruck verschafft. So ist er nicht nur der ›Ortsgewaltige‹, in dessen Wirkungskreis die Schutzbefohlenen eine ›von oben‹ autorisierte [[h:Handlungsfähigkeit]] erlangen, sondern auch der »dem Staat und der ideologischen Superstruktur Verpflichtete« (Castillo Berthier 1983), der selbst wiederum auf das Wohlwollen seiner eigenen Herren angewiesen ist. | + | K bezeichnet einen [[h:Herrschaft|Herrschafts]]typus, bei dem ein auf Grund seiner ökonomischen und ›kulturellen‹ <!--[-->[[m:Macht|Macht]]<!--]--> einflussreicher Lokalherr eine Doppelfunktion ausübt: Einerseits ist er von unten getragen (bzw. seine Macht lokal verankert), zugleich aber fungiert er als Statthalter einer Zentralmacht. Indem er am Kreuzungspunkt lokaler und nationaler bzw. globaler [[i:Interesse|Interessen]] agiert, sorgt er für sich und seine Klientel, muss aber auch in der Lage sein, die Belange der Zentrale gegen die eigene Basis zu vertreten. Er ist der Repräsentant eines ›[[i:Imperium|Imperiums]]‹ – des spanischen Königs gegenüber der mexikanischen Gemeinde oder auch des spanischen Zentralstaats gegenüber den Provinzen. Er fungiert als intermediäre Relaisstation nationaler bzw. imperialer Herrschaft und sorgt für den [[k:Konsens]] der Subalternen ›vor Ort‹, dem er im Zweifelsfall mit [[g:Gewalt]] Nachdruck verschafft. So ist er nicht nur der ›Ortsgewaltige‹, in dessen Wirkungskreis die Schutzbefohlenen eine ›von oben‹ autorisierte [[h:Handlungsfähigkeit]] erlangen, sondern auch der »dem Staat und der ideologischen Superstruktur Verpflichtete« (Castillo Berthier 1983), der selbst wiederum auf das Wohlwollen seiner eigenen Herren angewiesen ist. |
Ob zwischen traditionaler Stammesgemeinschaft und dem handelskapitalistischen spanischen Kolonialreich, ob zwischen mexikanischen Minifundien und der industriekapitalistischen Produktionsweise oder zwischen urbanen Subsistenzformen und dem transnationalen [[h:hochtechnologische Produktionsweise|High-Tech-Kapitalismus]] – der Kazike organisiert die [[a:Artikulation, Gliederung|Artikulation]] verschiedener Produktionsweisen: »Was wir in Mexiko K nennen, ist eine Form der politischen [[k:Kontrolle]] in ländlichen Zonen, die für eine Periode charakteristisch ist, in welcher der [[k:Kapitalismus]] nicht-kapitalistische Produktionsweisen durchdringt.« (Paré 1976) Das K trägt demnach nicht nur zur Stabilität der imperialen Herrschaft bei, sondern ist auch Bestandteil der »Reproduktion der [[k:kapitalistische Produktionsweise|kapitalistischen Produktionsweise]] in einer [[g:Gesellschaftsformation]], in der sie ›Fuß fasst‹« (Poulantzas 1973/2001). Dieser Prozess ist mit der Herausbildung von räumlichen Abhängigkeitsbeziehungen verbunden. Der Kazike als scheinbarer Fürsprecher der regionalen sozialen Basis ist Symptom wie Stütze ungleicher Entwicklung zwischen Zentrum und Peripherie. | Ob zwischen traditionaler Stammesgemeinschaft und dem handelskapitalistischen spanischen Kolonialreich, ob zwischen mexikanischen Minifundien und der industriekapitalistischen Produktionsweise oder zwischen urbanen Subsistenzformen und dem transnationalen [[h:hochtechnologische Produktionsweise|High-Tech-Kapitalismus]] – der Kazike organisiert die [[a:Artikulation, Gliederung|Artikulation]] verschiedener Produktionsweisen: »Was wir in Mexiko K nennen, ist eine Form der politischen [[k:Kontrolle]] in ländlichen Zonen, die für eine Periode charakteristisch ist, in welcher der [[k:Kapitalismus]] nicht-kapitalistische Produktionsweisen durchdringt.« (Paré 1976) Das K trägt demnach nicht nur zur Stabilität der imperialen Herrschaft bei, sondern ist auch Bestandteil der »Reproduktion der [[k:kapitalistische Produktionsweise|kapitalistischen Produktionsweise]] in einer [[g:Gesellschaftsformation]], in der sie ›Fuß fasst‹« (Poulantzas 1973/2001). Dieser Prozess ist mit der Herausbildung von räumlichen Abhängigkeitsbeziehungen verbunden. Der Kazike als scheinbarer Fürsprecher der regionalen sozialen Basis ist Symptom wie Stütze ungleicher Entwicklung zwischen Zentrum und Peripherie. | ||
- | ➫ [[a:Artikulation, Gliederung|Artikulation/Gliederung]], [[e:Entkolonisierung]], [[g:Globalisierung]], [[h:Herrschaft]], [[i:Imperialismus]], [[i:Imperium]], [[i:Indiofrage]], [[i:innere Bourgeoisie]], [[k:Kaliban]], [[k:Klientelismus]], [[k:koloniale Produktionsweise]], [[k:Kolonialismus]], [[k:Kompradorenklasse]], [[k:Kooptation]], [[k:Korporatismus]], [[m:Macht]], <!--[-->[[m:Malinchismus|Malinchismus]]<!--]-->, mexikanische Revolution, Nationalstaat, passive Revolution, Paternalismus, Peripherie/Zentrum, Produktionsweise, Region, Staatsform/Regierungsform, Subalternität, Subsistenzproduktion, Unterentwicklung, ursprüngliches Gemeinwesen | + | ➫ [[a:Artikulation, Gliederung|Artikulation/Gliederung]], [[e:Entkolonisierung]], [[g:Globalisierung]], [[h:Herrschaft]], [[i:Imperialismus]], [[i:Imperium]], [[i:Indiofrage]], [[i:innere Bourgeoisie]], [[k:Kaliban]], [[k:Klientelismus]], [[k:koloniale Produktionsweise]], [[k:Kolonialismus]], [[k:Kompradorenklasse]], [[k:Kooptation]], [[k:Korporatismus]], [[m:Macht]], <!--[-->[[m:Malinchismus|Malinchismus]]<!--]-->, [[m:mexikanische Revolution]], <!--[-->[[n:Nationalstaat]]<!--]-->, passive Revolution, Paternalismus, Peripherie/Zentrum, Produktionsweise, Region, Staatsform/Regierungsform, Subalternität, Subsistenzproduktion, Unterentwicklung, ursprüngliches Gemeinwesen |