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m:marxismus-leninismus [2015/04/08 10:38]
christian
m:marxismus-leninismus [2024/02/11 12:31] (aktuell)
christian
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 Das Versagen der Sozialdemokratie im Kampf gegen den heraufziehenden Ersten Weltkrieg und ihr Zurückweichen in der revolutionären Nachkriegskrise taten ein Übriges. Lenin erscheint als die Verkörperung von revolutionärem Erfolg und revolutionärer [[h:Hoffnung]] zugleich; es hat Folgerichtigkeit, nach seinem Tode einen Identität stiftenden Leninismus zu denken und noch mehr: Lenin an die Seite von Marx zu stellen und beider Namen und Leistungen im ML verbunden zu sehen. Die »Vorkämpfertheorie«, als welche die Komintern den ML offeriert (1924/1986, 167), wird rasch und weithin populär. Antonio Gramsci vergleicht das Verhältnis von Lenin zu Marx mit dem von Paulus zu Christus. Der eine habe die Weltauffassung geschaffen, der andere mittels »Organisation« und »Aktion« ihre »Ausbreitung« betrieben; das Christentum sei daher im »genaueren Ausdruck […] Christentum-Paulinismus« (//Gef,// H. 7, §33). Stalin, den nationalen und internationalen Ideologiebedarf in der krisengeschüttelten nach-revolutionären Periode vor Augen, wird zum eigentlichen Schöpfer des ML, wobei er sich »hinter Lenin unsichtbar« macht (Labica 1986, 17). Das Versagen der Sozialdemokratie im Kampf gegen den heraufziehenden Ersten Weltkrieg und ihr Zurückweichen in der revolutionären Nachkriegskrise taten ein Übriges. Lenin erscheint als die Verkörperung von revolutionärem Erfolg und revolutionärer [[h:Hoffnung]] zugleich; es hat Folgerichtigkeit, nach seinem Tode einen Identität stiftenden Leninismus zu denken und noch mehr: Lenin an die Seite von Marx zu stellen und beider Namen und Leistungen im ML verbunden zu sehen. Die »Vorkämpfertheorie«, als welche die Komintern den ML offeriert (1924/1986, 167), wird rasch und weithin populär. Antonio Gramsci vergleicht das Verhältnis von Lenin zu Marx mit dem von Paulus zu Christus. Der eine habe die Weltauffassung geschaffen, der andere mittels »Organisation« und »Aktion« ihre »Ausbreitung« betrieben; das Christentum sei daher im »genaueren Ausdruck […] Christentum-Paulinismus« (//Gef,// H. 7, §33). Stalin, den nationalen und internationalen Ideologiebedarf in der krisengeschüttelten nach-revolutionären Periode vor Augen, wird zum eigentlichen Schöpfer des ML, wobei er sich »hinter Lenin unsichtbar« macht (Labica 1986, 17).
  
-Der Sieg der SU im Zweiten Weltkrieg verleiht dem ML neue Kraft und verschärft zugleich die ihm innewohnenden Widersprüche. 1989/90 geht mit der SU und den Staaten ihres europäischen Herrschaftsbereichs der dort zur »Offizialphilosophie« und »Staatsräson« (35, 57 u. 59) gewordene ML unter. Seine anti-emanzipatorische Erstarrung ist Mit-Ursache und Bestandteil dieses Untergangs. Mit ihm verschwindet die in seiner »zugleich geistigen und empirischen Existenzweise« (10) aus »Büchern, Menschen, Gesellschaften, Politiken« geformte »planetarische Geographie« (9). Die Geschichte des ML scheint an ihr Ende gekommen; Unabgegoltenes ist – jedenfalls in Europa – nicht erkennbar. Dass in China Anfang des 21. Jh. KP-Generalsekretär Xi Jinping dennoch von der Notwendigkeit spricht, bei der Gestaltung des »Sozialismus chinesischer Prägung« an der »Entwicklung, Fortsetzung und <!--[-->[[e:Erneuerung|Erneuerung]]<!--]--> des ML und der [[m:Mao-Zedong-Ideen]]« festzuhalten, andernfalls »unsere Wurzeln verloren gingen« (2013, 9), nährt die Vermutung, dass der ML auch jetzt nicht als »Höherentwicklung« des [[m:Marxismus]], als »die wissenschaftliche Theorie der <!--[-->[[a:Arbeiterklasse|Arbeiterklasse]]<!--]-->, des Sozialismus und [[k:Kommunismus]]« (PhWb, 1969, 671) auftritt, sondern als Ideologie einer nachholenden Modernisierung, die auch jetzt wieder den ›Glutkern‹ des Marxismus – den »[[k:kategorischer Imperativ|kategorischen Imperativ]], alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist« (//KHR,// 1/385) – zugunsten der »Legitimation fortbestehender [[g:Gewalt]]verhältnisse« (Negt 1969, 15) opfert.+Der Sieg der SU im Zweiten Weltkrieg verleiht dem ML neue Kraft und verschärft zugleich die ihm innewohnenden Widersprüche. 1989/90 geht mit der SU und den Staaten ihres europäischen Herrschaftsbereichs der dort zur »Offizialphilosophie« und »Staatsräson« (35, 57 u. 59) gewordene ML unter. Seine anti-emanzipatorische Erstarrung ist Mit-Ursache und Bestandteil dieses Untergangs. Mit ihm verschwindet die in seiner »zugleich geistigen und empirischen Existenzweise« (10) aus »Büchern, Menschen, Gesellschaften, Politiken« geformte »planetarische Geographie« (9). Die Geschichte des ML scheint an ihr Ende gekommen; Unabgegoltenes ist – jedenfalls in Europa – nicht erkennbar. Dass in China Anfang des 21. Jh. KP-Generalsekretär Xi Jinping dennoch von der Notwendigkeit spricht, bei der Gestaltung des »Sozialismus chinesischer Prägung« an der »Entwicklung, Fortsetzung und <!--[-->[[e:Erneuerung|Erneuerung]]<!--]--> des ML und der [[m:Mao-Zedong-Ideen]]« festzuhalten, andernfalls »unsere Wurzeln verloren gingen« (2013, 9), nährt die Vermutung, dass der ML auch jetzt nicht als »Höherentwicklung« des [[m:Marxismus]], als »die wissenschaftliche Theorie der <!--[-->[[a:Arbeiterklasse|Arbeiterklasse]]<!--]-->, des Sozialismus und [[k:Kommunismus]]« (PhWb, 1969, 671) auftritt, sondern als Ideologie einer nachholenden <!--[-->[[m:Mode|Mode]]<!--]-->rnisierung, die auch jetzt wieder den ›Glutkern‹ des Marxismus – den »[[k:kategorischer Imperativ|kategorischen Imperativ]], alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist« (//KHR,// 1/385) – zugunsten der »Legitimation fortbestehender [[g:Gewalt]]verhältnisse« (Negt 1969, 15) opfert.
  
-➫ <!--[-->[[a:Antifaschismus|Antifaschismus]]<!--]-->, [[a:Apathie im befehlsadministrativen Sozialismus]], <!--[-->[[a:Austromarxismus|Austromarxismus]]<!--]-->, [[b:befehlsadministratives System]], [[b:Bolschewisierung]], <!--[-->[[b:Bucharinismus|Bucharinismus]]<!--]-->, [[d:Demokratie/Diktatur des Proletariats]], [[d:despotischer Sozialismus]], [[d:dialektischer Materialismus]], [[d:Diktatur des Proletariats]], <!--[-->[[d:Dogmatismus|Dogmatismus]]<!--]-->, [[d:dritter Weg]], <!--[-->[[e:Engelsismus|Engelsismus]]<!--]-->, <!--[-->[[e:Entstalinisierung|Entstalinisierung]]<!--]-->, [[e:epigonaler_stalinismus|epigonaler Stalinismus]], [[e:erneuerung|Erneuerung]], [[e:errungenschaften_des_sozialismus|Errungenschaften des Sozialismus]], <!--[-->[[e:Eurokommunismus|Eurokommunismus]]<!--]-->, <!--[-->[[f:Fidelismus|Fidelismus]]<!--]-->, [[f:formalismus-kampagnen|Formalismus-Kampagnen]], <!--[-->[[f:Formationstheorie|Formationstheorie]]<!--]-->, <!--[-->[[g:Gorbatschowismus|Gorbatschowismus]]<!--]-->, <!--[-->[[g:GULag|GULag]]<!--]-->, [[h:hegel-kritik|Hegel-Kritik]], <!--[-->[[h:Hegemonie|Hegemonie]]<!--]-->, [[h:historischer_materialismus|historischer Materialismus]], <!--[-->[[i:Ideologiekritik|Ideologiekritik]]<!--]-->, [[k:kaderpartei|Kaderpartei]], [[k:k-gruppen|K-Gruppen]], [[k:komintern|Komintern]], [[k:kommunismus|Kommunismus]], <!--[-->[[k:Kommunistenverfolgung|Kommunistenverfolgung]]<!--]-->, [[k:korsch-linie|Korsch-Linie]], <!--[-->[[k:Kräfteverhältnis|Kräfteverhältnis]]<!--]-->, <!--[-->[[k:Kriegskommunismus|Kriegskommunismus]]<!--]-->, [[k:krise_des_marxismus|Krise des Marxismus]], [[k:kritik|Kritik (V)]], [[k:kronstaedter_aufstand|Kronstädter Aufstand]], [[l:lamarckismus|Lamarckismus]], [[l:legaler_marxismus|Legaler Marxismus]], <!--[-->[[l:Lehrbuchmarxismus|Lehrbuchmarxismus]]<!--]-->, [[l:leitfaden|Leitfaden]], <!--[-->[[l:Linkskommunismus|Linkskommunismus]]<!--]-->, 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<!--[-->[[i:Ideologiekritik|Ideologiekritik]]<!--]-->, [[k:kaderpartei|Kaderpartei]], [[k:k-gruppen|K-Gruppen]], [[k:komintern|Komintern]], [[k:kommunismus|Kommunismus]], <!--[-->[[k:Kommunistenverfolgung|Kommunistenverfolgung]]<!--]-->, [[k:korsch-linie|Korsch-Linie]], <!--[-->[[k:Kräfteverhältnis|Kräfteverhältnis]]<!--]-->, <!--[-->[[k:Kriegskommunismus|Kriegskommunismus]]<!--]-->, [[k:krise_des_marxismus|Krise des Marxismus]], [[k:kritik|Kritik (V)]], [[k:kronstaedter_aufstand|Kronstädter Aufstand]], [[l:lamarckismus|Lamarckismus]], [[l:legaler_marxismus|Legaler Marxismus]], <!--[-->[[l:Lehrbuchmarxismus|Lehrbuchmarxismus]]<!--]-->, [[l:leitfaden|Leitfaden]], <!--[-->[[l:Linkskommunismus|Linkskommunismus]]<!--]-->, <!--[-->[[l:Linksradikalismus|Linksradikalismus]]<!--]-->, <!--[-->[[l:Liuismus|Liuismus]]<!--]-->, <!--[-->[[l:Lyssenkoismus|Lyssenkoismus]]<!--]-->, <!--[-->[[m:Maoismus|Maoismus]]<!--]-->, [[m:Mao-Zedong-Ideen]], [[m:Marxismus]], [[m:Marxismus-Enteignung]], [[m:Marxismus-Feminismus]], [[m:Marxismus Lenins]], [[m:Marxistsein/Marxistinsein]], <!--[-->[[m:MEGA|MEGA]]<!--]-->[[m:Moskauer Prozesse]], Oktoberrevolution, Orthodoxie, Pol-Potismus, Postkommunismus, Prager Frühling, Realer Sozialismus, Rote Professur, Seminarmarxismus, Sowjetische Gesellschaft, Sowjetkritik, Sozialismus, Sozialismus in einem Land, Staatsterrorismus, Stalinismus, Titoismus, Totalitarismus, Trotzkismus, Vulgärmarxismus, Willkür, wissenschaftlicher Sozialismus, wissenschaftliche Weltanschauung, Zentralismus
  
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