Alltag

A: al-yaumi. – E: everyday. – F: le quotidien. – R: povsednevnost', budni. – S: lo cotidiano. – C: pingri, richang shenghuo

Peter Jehle

HKWM 1, 1994, Spalten 144-150

Ein Substantiv A sei »nicht üblich«, heißt es noch in Grimms Wörterbuch (1854), das wie Adelungs Grammatisch-kritisches Wörterbuch (1793) neben »Alltäglichkeit« – z.B. »bürgerliche Alltäglichkeit« – ausschließlich Zusammensetzungen wie »Alltagskleid« oder »Alltagsspeise« verzeichnet, darunter das abwertend gemeinte »Alltagsverstand«. Allein Heinsius' Volksthümliches Wörterbuch von 1818 führt den »Alltag«, und zwar als Synonym für »Werktag«. Es scheint kein Zufall, daß der abstrakte Singular und die darin zum Ausdruck kommende Zeiterfahrung erst im Zusammenhang mit der kapitalistischen Entmischung von Produktions- und Lebenswelt, Arbeit und Freizeit im 19. Jh. gebräuchlich wird. Wenn sich die gesellschaftliche Wirklichkeit nicht mit dem Alltagsverstand begreifen läßt, so »die Alltäglichkeit aus der Wirklichkeit« (Kosík 1967).

Ableitung, Alltäglichkeit, Alltagsforschung, Alltagsverstand, Antagonismus, Apathie im befehlsadministrativen Sozialismus, Arbeiterkultur, Arbeiterkulturbewegung, Arbeitsteilung, Entfremdung, Erfahrung, Fetischcharakter der Ware, Frauenbewegung, Gewohnheit, Humanismus, Ideologiekritik, Ideologietheorie, Lebensweise, Kritik, Kritische Theorie, Kultur, Kulturarbeit, Kulturrevolution, Phrase, Religionskritik, Schein, Subalternität, Ungleichzeitigkeit, unpolitisch, Verblendungszusammenhang, Volkskultur, Vulgärökonomie, Warenästhetik

artikel_per_email.jpg