Eingedenken

A: taḏkira. – E: reminiscence. – F: remémoration. – R: pamjatuja očem-n. – S: recordatorio. – C: huanqi jiyi 唤起记忆

Thomas Weber

HKWM 3, 1997, Spalten 147-155

Der von Walter Benjamin in den Marxismus eingeführte Begriff artikuliert den Anspruch, Geschichtsschreibung und -auffassung vom Standpunkt der »Tradition der Unterdrückten« (…) revolutionstheoretisch zu erneuern. »Das Subjekt historischer Erkenntnis ist die kämpfende, unterdrückte Klasse selbst.« Um deren Ermächtigung geht es – in einer Situation ihrer fast völligen Ohnmacht, »in einem Augenblick, da die Politiker, auf die die Gegner des Faschismus gehofft hatten, am Boden liegen und ihre Niederlage mit dem Verrat an der eigenen Sache bekräftigen«, wie Benjamin im französischen Exil, als seine eigene Lage zunehmend hoffnungslos wird, wohl in Anspielung auf den Hitler-Stalin-Pakt notiert. Auf der Flucht vor den Nazis nimmt er sich 1940 im spanischen Grenzort Port Bou das Leben.

E intendiert einen Nexus zwischen Vergangenheit und Gegenwart derart, dass geschichtliche Erinnerung die »Geistesgegenwart« unmittelbar des historischen Materialisten und vermittelt aller Unterdrückten stärken soll. Ziel ist die Konstitution eines kollektiven Gedächtnisses unter Bedingungen der Klassenherrschaft, die Konstitution einer Internationalen der Unterdrückten mittels und im Medium historischen E. Die Begriffe »Klage« und »Gefahr« funktionieren dabei als Aktivierungstheoreme.

Angst/Furcht, Antizipation, Auschwitz, Befreiung, Black Marxism, dialektisches Bild, Einfühlung, Entstalinisierung, Erbe, Erinnerung, Erinnerungsarbeit, Existenzialismus, Fanonismus, feministische Theologie, Fortschritt, Frankfurter Schule, Geschichte, Globalisierung, Hoffnung, Judenfeindschaft, kollektive Erinnerung, Neoliberalismus, Niederlage, Opfer, Subalternität, Theologie der Befreiung, Triumphalismus, Unterdrückung, Utopie, Vergessen, Verstehen, Zapatismus

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