Erinnerung
A: ḏikra. – E: remembrance. – F: souvenir. – R: pamjat’. – S: recuerdo. – C: jiyi 记忆
Frigga Haug
HKWM 3, 1997, Spalten 720-733
E ist für jede Befreiungstheorie von strategischer Bedeutung. E als kollektives Geschichtsbewusstsein, aber auch als individuelles Vermögen. Aus der Vergangenheit eine Vorstellung vom Möglichen, von Veränderung, von Widerstand zu gewinnen und so ins Zukünftige sich zu entwerfen – in dieser Spannbreite fungiert sie befreiungstheoretisch und in kritischer Theorie und Literatur. E wird Einfallstor für Ideologisches und zugleich Voraussetzung für Ideologiekritik und eingreifendes Handeln, Träger von Hoffnung wie von Verzweiflung. E macht die Nagelprobe aufs historisch-kritische Projekt. Obwohl E sowohl die Geschichtsphilosophie als auch Erkenntnistheorie und Psychologie immer wieder beschäftigt hat, ist E kein scharf gefasster Begriff, sondern wird häufig synonym mit »Gedächtnis« gebraucht. Insbesondere in der Verbform »erinnern« meint E alltagssprachlich, sich etwas Beliebiges zu vergegenwärtigen.
➫ Alltagsforschung, Antizipation, Bedeutung, Befreiung, Bewußtsein, Dialektik, dialektisches Bild, Denken, Einfühlung, Eingedenken, eingreifende Sozialforschung, Entäußerung, Enttäuschung, Erfahrung, Erinnerungsarbeit, Erkenntnis, Erlösung, Geschichte, Hoffnung, Ideologiekritik, Kulturhistorische Schule, Lernen, Massenkultur, Persönlichkeitstheorie, Sinn, Subalternität, Utopie, Vergessen, Zerstreuung