Arbeiterbewegung
A: ḥaraka ʿumālīya. – E: labour movement. – F: mouvement ouvrier. – R: rabočee dviženie. – S: movimiento obrero. – C: gongren yundong
Georg Fülberth
HKWM 1, 1994, Spalten 429-442
Engels' frühes Werk Die Lage der arbeitenden Klasse in England von 1845 enthält einen längeren Abschnitt mit der Überschrift »Arbeiterbewegungen« (…). Hier werden verschiedene Stadien der Interessenvertretung von Lohnabhängigen genannt, die sich in späteren Schriften von Marx und Engels wiederfinden: vom reflexhaften individuellen Verbrechen über die kollektive Maschinenstürmerei bis zur politischen Organisation, hier: dem Chartismus und – davon teilweise unterschieden – dem »Sozialismus« (als politische Richtung, nicht als Produktionsweise verstanden). Bereits jetzt wird als historische Tendenz die soziale Revolution genannt. In den Schilderungen der Arbeits- und Lebensverhältnisse (außerhalb des Kapitels »Arbeiterbewegungen«) finden sich detaillierte Angaben über den Alltag des arbeitenden Volkes.
1844 hatte Marx in KHR das Proletariat als geschichtsphilosophische Größe eingeführt (…), anders als bei Engels noch ohne empirische Anschauung. Die in Engels' Lage entworfene Stadienlehre in der Entwicklung proletarischer Organisation findet sich erneut in dem Abschnitt »Strikes und Arbeiterkoalitionen« von Marx' Elend der Philosophie (1847) und im Manifest (1848). Sie ist in der Beschreibung der Vorgeschichte von Organisierung nunmehr durchaus empirisch gefüllt: die Realität der »elementaren« A findet sich in der Darstellung von Widerstandsreflexen.
Partei und Gewerkschaften sind dabei noch kaum begrifflich geschieden. Insbesondere bis 1848 benutzen Marx und Engels den Terminus »Partei« im Sinne von »Parteiung«. Auch in der Folgezeit sind Partei und Gewerkschaft für sie Ausprägungen einer einheitlichen Bewegung, die mit dem Wandel ihrer Aufgaben – je nach der erreichten Stufe des Klassenkampfes – ihre Gestalt wandelt. […]
Der Erste Weltkrieg forcierte die inneren Differenzierungsprozesse der A. Die Zweite Internationale erwies sich aufgrund der Unterstützung, welche die einzelnen Regierungen – mit wenigen Ausnahmen – durch die sozialistischen Parteien des jeweiligen Landes erhielten, als aktionsunfähig und hörte zwar nicht organisatorisch, aber der Substanz nach zu bestehen auf. […] Mit dem Oktoberumsturz 1917 wurde die bolschewistische Partei zur Regierungspartei in Rußland. An de Stellung zur russischen Revolution spaltete sich die internationale A endgültig.
➫ Aktionseinheit, Anarchismus, Antikolonialismus, Arbeiteraristokratie, Arbeiterklasse, Arbeiterkontrolle, Arbeiterkultur, Arbeiterkulturbewegung, Arbeitskraft, Arbeitszeit, Austromarxismus, Avantgarde, Berufsrevolutionär, Bonapartismus, Chartismus, demokratischer Zentralismus, Einheitsfront, Eurokommunismus, Facharbeiter, Fourierismus, Gegenmacht, Genossenschaft, Gewerkschaften, gewerkschaftliche Kampfformen, Illegalität, Imperialismus, Industrialisierung, Klasse an sich/für sich, Klassenanalyse, Klassenbewusstsein, Klassenkampf, Kleinbürger, Krieg, kollektives Handeln, Komintern, Kommunismus, Kommunistisches Manifest, Linksradikalismus, Lohnarbeit, Lumpenproletariat, Luxemburgismus, Marxismus, Massenbewegung, Mitbestimmung, Nationalstaat, Ökonomismus, Operaismus, Opportunismus, Owenismus, Parlamentarismus, Parteien, Parteipresse, Pazifismus, proletarische Arbeiterbildung, Reformismus, Regulationstheorie, Revisionismus, revolutionärer Syndikalismus, Saint-Simonismus, Sozialdemokratie, Sozialdemokratische Programme, soziale Bewegungen, Sozialpolitik, Stalinismus, Streik, Trotzkismus, Ultralinke, Volksfront, Zentralismus, Zentrismus, Zimmerwalder, Zweite Internationale