Formationenfolge, vorkapitalistische Gesellschaftsformationen

A: ta‛āqub at-taškīlāt. – E: succesion of formations, pre-capitalist social formations. – F: succesion des formations sociales, formations sociales précapitalistes. – R: rjad formacij, dokapitalističeski obščestvennye formacii. – S: succesión de formaciones, formaciones sociales precapitalistas. – C: shehui xingtai shunxu, quian zibenzhuyi de shehui xingtai

Joachim Herrmann

HKWM 4, 1999, Spalten 655-668

Versuche, die geschichtlichen Vorgänge in verschiedenen Regionen sowie deren Unterschiede im Vergleich zur Geschichte der eigenen Gesellschaft darzustellen, gehen auf die Anfänge historischen Verständnisses überhaupt zurück. Herodot (um 490-425 v.u.Z.) stellte die griechische Gesellschaft in den Mittelpunkt und verglich damit ›barbarische‹ Nomaden, Bodenbauern und Viehzüchter sowie die despotisch beherrschten Perser, deren Versuche, auch Griechenland zu unterwerfen, er miterlebt hatte (vgl. Gesch. d. wiss. Denkens). […]

Für Marx und Engels bildeten die Epochen, aus denen in Teilen Europas der Kapitalismus hervorgegangen war, der die vG integrierte, modifizierte und weltweit umgestaltete, den Gegenstand ihres lebenslangen, in Studien, Entwürfen und Publikationen dokumentierten Forschungsinteresses. Bereits in der DI gingen sie ausführlich auf vG ein (…). Das Resultat ihrer in den 1840er Jahren betriebenen Studien fand in allgemeiner Form Eingang ins Manifest. Präziser, vor allem aufgrund wesentlich ausgedehnterer Untersuchungen – allein die Auflistung der Titel, die er auswertete, umfasst 30 Seiten –, ging Marx schließlich im Vorw 59 erstmals zusammenhängend auf die F ein: »In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden.« Mit der bürgerlichen »Gesellschaftsformation schließt daher die Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft ab« (…). Ziel der Untersuchung auch der vG war die Entdeckung der Entwicklungszusammenhänge in der ökonomischen Struktur der Gesellschaft und der Ausfechtung der strukturellen Widersprüche in »ideologischen Formen« (…). Im Kapital bezieht sich Marx mehrfach auf vG, ohne diese jedoch unter theoretischen Gesichtspunkten, die auf deren autonome und innere Dynamik ausgerichtet wären, zu analysieren. Derartige Analysen fanden 1857/58 in einem Exkurs in den Gr ihren Niederschlag, von den Hg. als Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehen überschrieben (…). […]

Nach dem Erkenntnisstand am Ende des 20. Jh. trifft die von Marx in den Sassulitsch-Briefentwürfen skizzierte Abfolge der vG, von der primären Formation (Urgemeinden) über die sekundäre (verschiedene Gruppierungen patriarchalischer Ausbeutergesellschaften) zur tertiären (Kapitalismus), im Großen und Ganzen zu. Es lag Marx und Engels fern, die geschichtlichen Einzelgesellschaften in ein Schema zu pressen. Ihr Anliegen bestand in der philosophisch-historischen Zuordnung von verschiedenen, z.T. voneinander isolierten Gesellschaftstypen zu Gesellschaftsformationen, ohne solche Zuordnungen als unabdingbar anzusehen. Die wesentliche Grundlage für alle entsprechenden philosophisch-historischen Überlegungen blieb, wie Eric Hobsbawm (1968) eindringlich darlegt, die Entdeckung der Grundzusammenhänge der geschichtlichen Entwicklung und Formierung, trotz mancher Ergänzungen durch neuere Forschungen, insbesondere zu vG: »So kann ich nur meiner Überzeugung Ausdruck geben, dass der Ansatz von Marx noch immer der einzige ist, mit dem sich die ganze Spanne der menschlichen Geschichte erklären lässt und der auch für die gegenwärtigen Diskussionen der fruchtbarste Ausgangspunkt ist.« (…)

afrikanische Produktionsweise, altamerikanische Produktionsweise, Anthropologie, Artikulation/Gliederung, asiatische Produktionsweise, Basis, Bauern, Dorfgemeinschaft, Ende der Geschichte, Entwicklung, Epoche, Ethnologie, Fellachen, Feudalismus, Feudalismus-Debatte, Formationstheorie, germanische Gemeinde, Geschichtsphilosophie, Geschlechterverhältnisse, Gesellschaftsformation, historischer Materialismus, Idealtypus, Kaste, Klassenanalyse, klassenlose Gesellschaft, Masse, Matriarchat/Mutterrecht, osmanische Gesellschaftsstruktur, Patriarchat, Populationstheorie, Privateigentum, Produktionsverhältnisse, Produktionsweise, Produktionsweise (antike), Produktivkraftentwicklung, Sklaverei/Sklavenhaltergesellschaft, Subsistenzproduktion, tributäre Produktionsweise, Übergangsgesellschaften, Urgesellschaft, Urkommunismus, ursprüngliches Gemeinwesen, Vorgeschichte, vorkapitalistische Produktionsweisen, Zivilisation

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