Antagonismus

A: tanāqud, tanākhur. – E: antagonism. – F: antagonisme. – R: antagonizm. – S: antagonismo. – C: duikang

Wolfgang Fritz Haug

HKWM 1, 1994, Spalten 297-309

Von griech. ἀνταγωνίζομαι (gegen einen kämpfen): Widerstreit (ἀγών) von Akteuren, Gegenhandeln. Der Antagonist (griech. ἀνταγωνιστής) ist der Gegner (im Krieg, vor Gericht, im Wettkampf, auch als Nebenbuhler). Auf dem Theater tritt er als Gegenspieler dem Protagonisten entgegen. Von A kann auch im übertragenen Sinn die Rede sein, so spricht etwa Herbert Marcuse von der »antagonistischen Beziehung zwischen Lust- und Realitätsprinzip«, wobei deren Versöhnung ein Glücksmuster darstellt (1957).

Bei Marx bezeichnet A ein Konfliktverhältnis, das auf gesellschaftlichen Interessengegensätzen beruht. Im Zentrum der Analyse steht der A von Arbeit und Kapital. Innerbetriebliche Despotie des Kapitals und Widerstand der Arbeiter, wie immer beides sich verkleiden mag, sind »bedingt durch den unvermeidlichen A zwischen dem Ausbeuter und dem Rohmaterial seiner Ausbeutung« (K I). Der Zusammenhang dieses A mit den Systemwidersprüchen der kapitalistischen Ökonomie hat bei späteren Autoren zu Verwirrung geführt. Wenn jeder A einen Gegensatz darstellt, so nicht jeder Gegensatz einen A. Und wenn Widersprüche immer Gegensätze enthalten, so bilden deswegen nicht alle Gegensätze Widersprüche.

Die »vergesellschaftete, aber antagonistische Gesellschaft« (Adorno 1963) der hochentwickelten kapitalistischen Länder hat vielfältige Techniken der Regulation und Integration von A.n entwickelt. Dabei wird oft ausgenutzt, dass innergesellschaftliche A.n sich mit internationalen oder globalen A.n überlagern und bei bestimmten Mentalitätsvoraussetzungen zu rassistischen A.n verschieben können. Das je konkrete Verhältnis all dieser und weiterer A.n zueinander zu bestimmen, ist nicht vor allem Aufgabe der Theorie, sondern der Politik. Die Kräfte der Befreiung werden gesellschaftlich handlungsfähig in dem Maße, indem es ihnen gelingt, die wechselseitigen Blockierungen der A.n zu überwinden und strukturelle Hegemonie zu gewinnen.

Assoziation, Aufhebung, Ausbeutung, Charaktermaske, Dialektik, Gegensatz, Grundwiderspruch, Klassenherrschaft, Klassenkampf, Konflikttheorien, Negation der Negation, Revolution, Solidarität, Systemkonkurrenz, umschlagen, Unterdrückung, Widerspruch

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