Fehler
A: ġalat, ḫata’. – E: mistake, error. – F: faute, erreur. – R: ošibka. – S: fallo, error. – C: cuowu
Michael Schumann u. Red.
HKWM 4, 1999, Spalten 252-261
F werden begangen, wie man ein Ziel verfehlt. Sie sind subjektabhängig. Von einem F spricht man als von dem in der Freiheit des (individuellen oder kollektiven) Subjekts liegenden Grund für die Nichtübereinstimmung zwischen gesetzten Handlungszwecken und tatsächlich Erreichtem. Aber nur ›aus F.n wird man klug‹. Eine Grundform des Lernens besteht in der Korrektur, die aus der Einsicht in einen F folgt. Weder individuell noch erkenntniskritisch noch politisch bewahrt die F-Suche vor neuen F.n. Sie sind im Gegenteil der Stoff, aus dem das Leben, das Denken, die Politik gemacht sind. In der individuellen Praxis ist das bewusste Verhalten zu F.n eine Bedingung bewusster Lebensführung. Die Blockierung von F-Suche und -kritik in der Politik lässt sich als strukturelle Dummheit begreifen, deren Folgen gesamtgesellschaftlich getragen werden müssen.
F steht in enger Beziehung zur Kategorie des Irrtums. Beide bestehen in der Falschheit einer Behauptung, von deren Richtigkeit sie überzeugt sind. Im Gegensatz zur Lüge intendieren sie jedoch keine Täuschung, sondern bewirken sie lediglich faktisch. Beim Irrtum liegt der Akzent auf der theoretischen, beim F auf der praktischen Seite.
Das Jh. der Aufklärung wird eingeleitet durch das historisch-kritische Wörterbuch von Pierre Bayle. Im Vorwort von 1696 fungieren »F« und »Irrtümer« als Schlüsselkategorien: »J’avois dessin de composer un Dictionnaire de Fautes«. Aber ein »Wörterbuch der F« wäre pedantisch geworden: es gibt zu viele davon, und die wenigsten sind interessant und lehrreich. So habe er eine »nouvelle Oeconomie« der Artikel entwickelt. Sie beginnen mit dem historisch Berichtbaren, an das sie in einem zweiten Teil Kommentare, Berichtigungen bisheriger Meinungen und manchmal philosophische Reflexionen anschließen. Ins Projekt eines historisch-kritischen Wörterbuchs ist die Frage nach der »Oeconomie« im theoretischen und praktischen Umgang mit F.n von vorneherein eingeschrieben. Für das marxistische Projekt besitzt sie eine Schlüsselbedeutung.
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