Feminisierung der Arbeit

A: nasawīyat al-‛amal. – E: feminization of labour. – F: féminization du travail. – R: feminizacija truda. – S: feminización del trabajo. – C: laodong de nüxinghua

Frigga Haug

HKWM 4, 1999, Spalten 270-280

In allen gesellschaftlichen Umbrüchen entstehen Losungen, die als Waffen in bestimmten Auseinandersetzungen dienen und umgeformt werden müssen, wenn die Situation sich ändert. Ein solcher ›Begriff‹ ist FdA. Er ist wörtlich genommen ein Un-Begriff, scheint er doch zu besagen, dass Arbeit männlich sei und einen Geschlechtswandel durchmache. Die Formel vom »Frau-Werden der Arbeit« (Deleuze/Guattari 1980) scheint die Absurdität auf die Spitze zu treiben.

Ausgangspunkt der politischen Aussage von der FdA ist die Einsicht, dass Geschlechtsidentitäten kulturell mit Arbeitspraxen verbunden sind und beide bei qualitativen Produktivkraftentwicklungen unter Veränderungsdruck geraten können. Wenn Arbeitspraxen sich strukturell ändern, kann es zu Kämpfen um die geschlechtliche Zuordnung bestimmter Arbeitsarten, also um Arbeitsteilung und Arbeitsplätze kommen. Ausgetragen werden sie in Formen wie ›Besitzstandswahrung‹ oder Verdrängung; ihr Verlauf ist bedingt durch die öffentliche Aufmerksamkeit. FdA ist mithin ein Begriff mit eher taktischem als theoretischem Wert in politischen Kämpfen um Arbeit, in denen die Fronten zwischen den Geschlechtern verlaufen. Trotz seiner theoretischen Schwächen kann er Arbeitsforschung produktiv orientieren.

Eine zweite Verwendung bezieht sich auf den Einzug von Frauen in bislang männlich besetzte Erwerbszweige, also die Verwandlung eines bisherigen Männerberufs in einen Frauenberuf, der damit zugleich gesellschaftlich weniger geachtet und geringer bezahlt wird. – Als FdA wird drittens gefasst, dass männliche Arbeitsbiographien fragmentiert werden, indem an die Stelle des ›Ernährers‹ mit lebenslänglichem Arbeitsplatz eine ›patchwork‹-Biographie tritt, wie sie eher aus weiblichen Lebensverläufen bekannt ist. – Eine vierte Verwendung will den mit der neoliberalen Globalisierung einhergehenden Prozess anklagen, größere Teile der gesellschaftlichen Gesamtarbeit profitbringend auf Frauen zu verlagern. Der Begriff erweist sich in diesem Sinn als irreführend, da er eine Verschiebung in den Geschlechterverhältnissen zu kritisieren scheint, die an sich begrüßenswert wäre (Einzug von Frauen in alle Arbeitsbereiche), statt die Methoden der Überausbeutung von Frauen und die Neuzusammensetzung der globalen Arbeiterklasse zu analysieren.

In der analytisch fruchtbarsten Weise bezieht FdA sich auf produktivkraftbedingte Veränderungen in den Arbeitsanforderungen (1 u. 2), die die dominante Verknüpfung von ›solider‹ Erwerbsarbeit mit dem männlichen Geschlecht in Frage stellen; der Term ›Feminisierung‹ kündigt eine Bedrohung für männliche Arbeitsidentität an, erschöpft sich aber in dieser Infragestellung, die über diesen Aspekt hinaustreibt in die Bedeutung einer Vermenschlichung von Arbeit, also gerade ihrer Ablösung von geschlechtsspezifischer Bornierung.

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