Humanisierung der Arbeit
A: ansanat al-‛amal ǧa‛l al-‛amal insānīyan. – E: humanization of work. – F: humanisation du travail. – R: gumanizacija truda. – S: humanización del trabajo. – C: laodong de rendaozhuyihua 劳动的人道主义化
Frigga Haug
HKWM 6/I, 2004, Spalten 537-548
Dass Arbeit unter der »menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen« (…) ausgeübt werden soll, ist ein Wunsch, so alt wie das Verlangen nach Emanzipation subalterner Arbeit. Unter dem Namen HdA wurden seit den 1970er Jahren staatlich finanzierte, von der Kapitalseite gestützte und von den Gewerkschaften getragene, wissenschaftlich begleitete Projekte in Europa vorangetrieben, die in der Krise des Fordismus Chancen der hochtechnologischen Produktionsweise nutzen wollten. Die damit verbundenen Vorstellungen gehören zu den Zielen der Arbeiterbewegung von Anfang an. Marx hat in den Kapiteln über »Manufaktur« und »Große Industrie« in K I die Folie erstellt, vor der ein Projekt wie »HdA« im kapitalistisch betriebenen Produktionsprozess zugleich seine Notwendigkeit und die Grenzen seiner Durchführbarkeit zeigt. HdA bewegt sich als Reformprojekt innerhalb der durch die Produktionsverhältnisse abgesteckten und die Entwicklung der Produktivkräfte ermöglichten Räume. Insofern stoßen die konkreten HdA-Projekte an die Schranken kapitalistischer Arbeitsorganisation; sie bewegen sich in dem Widerspruch, dass der Fluchtpunkt einer HdA, die diesen Namen verdient – die Aufhebung von Entfremdung in der Arbeit –, innerhalb des Kapitalismus nicht möglich ist, während zugleich eben diese Grenzen herausgefordert werden – so bleibt der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung als die paradoxe Struktur, in der die Reformversuche sich bewegen. HdA ist wesentlich Realpolitik. Doch indem sie sich mit den Notwendigkeiten der neuen Produktivkräfte verbündet, gewinnt sie eine Dimension, die über die Systemgrenzen hinausweist.
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