Evolution
A: taṭawwur. – E: evolution. – F: évolution. – R: ėvoljucija. – S: evolución. – C: jinhua 进化
Volker Schurig
HKWM 3, 1997, Spalten 1052-1058
E besitzt in der biologischen Theorienbildung drei historisch und theoretisch unterschiedliche Bedeutungen: 1. Im 17. Jh. wurde der Begriff auf die Einschachtelungs- oder Präformationslehre angewandt; die Keimentwicklung ist danach nichts anderes als die Auswicklung bereits vorgebildeter (präformierter) Strukturen, so dass jede folgende Generation in den Keimen der vorangegangenen eingeschlossen ist. 2. Caspar Friedrich Wolff stellte 1759 der präformistischen Evolutionsauffassung die Vorstellung der Epigenese gegenüber, nach der jede Wirkung etwas grundsätzlich Neues gegenüber der Ursache ist. – Engels (DN) versteht die Epigenesetheorie Wolffs auch als Kritik der Konstanz der Arten, da das Abstammungsproblem ohne Neubildung nicht denkbar ist. In der modernen Biologie werden mit Epigenese eingeschränkt die während der Embryonalentwicklung eines Individuums entstehenden Zell- und Organneubildungen bezeichnet, als deren Produkt aus der befruchteten Eizelle ein neuer Organismus entsteht. 3. Präformationslehre und Epigenese bleiben jeweils individualgeschichtlich begrenzte Entwicklungstheorien, die die Frage nach der Entstehung des Lebens und der Abstammung der Lebewesen noch nicht stellen. Ihnen folgte Mitte des 19. Jh. die als Abstammungslehre oder Deszendenztheorie bezeichnete Evolutionsauffassung, die Charles Darwin in seinem »epochemachenden Werk« (Marx, K I) The Origin of Species 1859 begründete. Der Begriff E erhält bei Darwin zwei völlig neue Bedeutungen: deterministisch wird das lineare Ursache-Wirkungsprinzip durch die an Wahrscheinlichkeitsvorstellungen gebundene natürliche Zuchtwahl abgelöst und in der zeitlichen Dimension wird der individualgeschichtliche Entwicklungszeitraum durch das Problem der stammesgeschichtlichen Entwicklung und die Abstammung der Arten erweitert (DN).
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