Kampf
A: ṣira‛. – E: struggle, fight. – F: lutte. – R: bor’ba. – S: lucha. – C: douzheng 斗爭
Norman Birnbaum
HKWM 7/I, 2008, Spalten 58-62
Den K von Gruppen, entstanden durch gemeinsame ökonomische Interessen, hat nicht erst Marx entdeckt. Aristoteles spricht davon ebenso wie der Begründer der amerikanischen Republik, James Madison. Die Originalität von Marx besteht darin, dass er als Erster die Rolle dieses Kampfes bei der Machtgewinnung im Bereich des Politischen und bei der Entwicklung von Bewusstsein und Sprache im Kulturellen beschrieben hat. Klassenkämpfe verändern nach seiner Einsicht unaufhörlich die Institutionen, von denen sie reguliert werden; genauer: die Institutionen sind nichts anderes als die Formen, welche die K.e angenommen haben. Auch wenn Max Weber erklärt, nicht nur materielle, sondern auch geistige Interessen würden den Lauf der Geschichte bestimmen, gelingt es ihm doch nicht ohne weiteres, dasjenige wieder zu trennen, was Marx ein Leben lang zusammen zu bringen versucht hat. Tatsächlich gehen in Webers Werk die beiden Dimensionen gesellschaftlichen Daseins zumeist eine Verbindung ein. Marxens Originalität jedoch besteht in der historisch spezifischen Analyse der Veränderungsprozesse. Anscheinend untätige und passive Gruppen wurden aktiv, wenn sie begriffen, nicht dass sie kämpfen müssten, sondern dass sie bereits in den Kampf verwickelt waren.
Große Teile marxistisch beeinflusster Sozialwissenschaften haben sich in den letzten Jahrzehnten auf Familien, lokale Gruppen, ethnische Gemeinschaften und auf diejenigen konzentriert, die in den Zwischenräumen umfassenderer gesellschaftlicher Veränderungen festsaßen. Ob mit Blick auf Veränderungen von kürzerer oder längerer Dauer, ob lokal, regional oder global – eine beträchtliche Akkumulation marxistischer Forschung in einer Vielzahl von Sprachen hat unser Wissen um die menschliche Neigung, Ausbeutung und Unterdrückung den K anzusagen, enorm erweitert. Sie hat zugleich gezeigt, dass dieser K oft Tarngestalt annimmt, wenn nicht gar im Verborgenen geführt wird. Die Rhetorik und Substanz dieser vielfältigen und umfassenden Arbeit würde den Autor des Achtzehnten Brumaire und der Beschreibung der frühkapitalistischen Akkumulation am Ende von K I nicht überraschen.
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