Information

A: al-ʼiʽlām. – E: information. – F: information. – R: informacija. – S: información. – C: xìnxī, qíngbào 信息, 情报

Wolfgang Fritz Haug (I.), Klaus Fuchs-Kittowski (II.)

HKWM 6/II, 2004, Spalten 1034-1056

I. Dass ›I‹ »zu einer Grundkategorie der Gegenwartsanalyse« (Krämer 1999) geworden ist, folgt aus dem »Siegeszug der Leitproduktivkraft der hochtechnologischen Produktionsweise, der Rechenmaschine« (Haug 2003). Dabei fungiert ›I‹ in der Theorie informationsverarbeitender Systeme als »rein syntaktisches Konzept« ohne Bedeutung: I.en bezeichnen hier diskriminier- und transformierbare Symbolkonfigurationen (Schnelle 1976). Sybille Krämer hebt das Verdienst der nachrichtentechnischen I-Theorie hervor, »hinzuweisen auf die materiellen und technischen Bedingungen, an die Sinn und Geist, sofern sie wirksam werden, notwendig gebunden bleiben«, sei es das Hirn oder seien es »exteriorisierte, nichtmentalistische, symbolische Praktiken« (1999).

Im Sog der Kybernetik und des Verlangens grenzüberschreitender Disziplinen nach »übergreifenden, den ganzheitlichen Charakter der Wirklichkeit einbeziehenden Instrumenten und Methoden« (Friedrich u.a. 1975) »ist der I-Begriff zugleich zu einer ideologisch tragenden Kategorie geworden. In dieser Form saugt er, wo überallgemein von ›I.en im weitesten Sinn‹ (Hickel 2001) die Rede ist, andere Begrifflichkeiten auf, kolonisiert über Differenzen hinweg die Auffassung der in Komplexion und Seinsart unterschiedlichsten Phänomene und wird in diversen Zusammensetzungen zur Bezeichnung der gegenwärtig herrschenden Gesellschaftsform herangezogen« (Haug 2003).

II. I kommt von lat. informare (»formen, gestalten, bilden«) und nimmt die Bedeutungen von gr. typos, morphe und idea auf (vgl. Capuro 1978 u. 1996). Als Übersetzung von χαρακτηρισμός taucht der lat. Begriff informatio zuerst als terminus technicus der Rhetorik auf, synonym mit descriptio im Sinne der »Kennzeichnung (Lob, Tadel […]) einer Person vermittels Personalbeschreibung sowie Schilderung ihres Verhaltens« (Lausberg 1960). – Das heutige umgangssprachliche Verständnis von ›I‹ geht aufs spätmittelhochdeutsche Verständnis des Wortes im Sinne von »unterrichten, durch Unterweisung bilden, befähigen, aber auch etwas gestalten« zurück. Als allgemeinwissenschaftlicher Begriff tritt ›I‹ erst nach dem Zweiten Weltkrieg, etwa mit der Begründung der Kybernetik durch Norbert Wiener, auf (vgl. Capuro 1996; Fleissner u.a. 1997).

Im umgangssprachlichen Verständnis der I ist etwas angelegt, das von der Wissenschaft erst wieder gewonnen werden muss, nachdem sie zunächst für mathematisch-physikalische Zwecke rigoros davon abstrahiert hat. I ist nicht jede beliebige Mitteilung, sondern eine Mitteilung mit bestimmter Wirkung beim Empfänger. Auch ergibt sich I erst durch ein Verhältnis zwischen Sender und Empfänger. I ist also keine Substanz. Verfügt man über eine relevante I, stellt sie, begründet und in Beziehung gesetzt, ein ›Wissen‹ dar. Dass man durch Weitergabe von I gewinnen und in Gemeinschaft neue erzeugen kann, ist nicht erst eine Entdeckung des ›Wissensmanagements‹. Schon Kant schrieb 1786: »wie viel und mit welcher Richtigkeit würden wir wohl denken, wenn wir nicht gleichsam in Gemeinschaft mit andern, denen wir unsere und die uns ihre Gedanken mitteilen, dächten!« (Was heißt: sich im Denken orientieren?); Wissen ist seinem Wesen nach dialogischer Natur (vgl. Floyd/Klaeren 1998). Wenn Wissen keine Substanz und keine präexistierende Struktur ist, ergibt sich, dass es in einem Kooperationsprozess erzeugt werden muss.

In der Nachrichtentechnik bedeutet ›I‹ etwas anderes als in der Umgangssprache. Gleichwohl hat der ›technische‹ Begriff ›I‹, der von der Bedeutung abstrahiert, mit dem der Umgangssprache, für welche die Bedeutung zentral ist, vieles gemein. Semiotisch lässt sich aber eine Brücke schlagen, so dass man für beide den gleichen Namen verwenden kann, allerdings nur, wenn man sich vor Verabsolutierungen hütet und Äquivokation vermeidet (vgl. Janisch 1998; Ropohl 2001).

Abbild, Bedeutung, Begriff, Bestimmung, Determination, Bewußtsein, Darwinismus, Determinismus, Dialektik, Entropie, Entwicklung, Evolution, Evolutionismus, Feuerbach-Thesen, Form, Funktion, Ganzes, Geist, Grundfrage der Philosophie, hochtechnologische Produktionsweise, Idee, immateriell, immaterielle Arbeit, Indeterminismus, Informationsarbeiter, Informationsgesellschaft, innen/außen, Interpretation, Kommunikation, Künstliche Intelligenz, Materie, Materialismus (mechanischer), Metapher, Praxis, Selbstorganisation, Struktur, System,

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