Frauenfrage

A: qaḍīyat al-mar’a. – E: woman’s question. – F: question des femmes. – R: ženskij vopros. – S: cuestión femenina. – C: funü wenti

Sieglinde von Wasielewski

HKWM 4, 1999, Spalten 876-880

Der Begriff ist untrennbar mit der Frauenbewegung des 19. Jh. verbunden, deren Blütezeit um die Jahrhundertwende »die F« zu einem vieldiskutierten Thema gemacht hat. Er reiht die Frauen terminologisch in die als »Fragen« gekennzeichneten großen gesellschaftlichen Problemfelder ein (die »soziale Frage«, die »Schulfrage«, etc.) und ist als ein historischer Kampfbegriff zu lesen, durch den jeweils das artikuliert wird, was als Kernproblem der Frauenunterdrückung ausgemacht wird. Die von Freiheits- und Gleichheitsgedanken der bürgerlichen Revolution inspirierte frühe Frauenbewegung versteht die F in erster Linie als Kampf des weiblichen Geschlechts um erweiterte Lebensmöglichkeiten i.S.v. Bildung, Erwerbstätigkeit etc. (Elke Frederiksen 1983). In der Arbeiterbewegung und der sich ihr zurechnenden proletarischen Frauenbewegung gerät der Begriff dagegen von Anfang an in ein theoretisches und praktisches Spannungsverhältnis: wie lässt sich die besondere Lage der Frauen gegenüber der allgemeinen des Proletariats fassen und wie geht der politische Kampf in beiden Fragen zusammen? Auslösendes Moment für eine sozialistische Konzeption der F ist die Problematik, die sich aus der im Zuge der Industrialisierung rasch zunehmenden Frauenlohnarbeit für den gesamten Reproduktionsbereich ergibt und das traditionelle Geschlechterverhältnis nachhaltig unterminiert.

Die Brisanz für die Arbeiterbewegung besteht darin, dass die verschärfte Lohnkonkurrenz zwischen Männern und Frauen zur Verelendung führt, während die Familie als Überlebensraum ohne die Arbeitskraft der proletarischen Frauen zusammenbricht (vgl. Engels, Lage; Niggemann 1981). Bis in die 1970er Jahre wird deshalb als ›F‹ fast ausschließlich die kontroverse Frage verhandelt, welche Haltung und welche Politik der Frauenerwerbsarbeit gegenüber richtig sei. Die erste umfassendere Konzeption der F im Marxismus liefert August Bebels Die Frau und der Sozialismus (1879).

Arbeiterbewegung, Artikulation/Gliederung, Basis, Doppelbelastung, Ehe, Familie, Feminismus, feministische Rechtskritik, Frauenarbeit, Frauenarbeitspolitik, Frauenbewegung, Frauenemanzipation, Geschlechterverhältnisse, Gleichheit, Grundwiderspruch, Klassenanalyse, Marxismus-Feminismus, Patriarchat, privat/öffentlich, Quotierung/Quotenkampf, Reduktionismus, Sexismus, Überbau

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f/frauenfrage.txt · Zuletzt geändert: 2015/05/10 18:26 von korrektur     Nach oben
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