Marktsozialismus
A: ištirākīya as-sūq. – E: market socialism. – F: socialisme de marché. – R: rynočnyj socializm. – S: socialismo de mercado. – C: shìchǎng shèhuì zhǔyì 市场社会主义
Paresh Chattopadhyay (ChSch, ThS) (I.), Lutz Brangsch (II.)
HKWM 8/II, 2015, Spalten 1793-1811
I. M bezeichnet ein ökonomisches System, in dem der Staat oder Kollektive – z.B. selbstverwaltete Produktionsgenossenschaften – Eigentümer (zumindest) der wichtigsten Produktionsmittel sind und die Verteilung von Gütern und Ressourcen für den produktiven und individuellen Konsum zugleich durch das Preis-Lohn-System geregelt wird und somit dem Gesetz des Marktes unterliegt. Die Befürworter des M sehen darin eine gangbare Alternative zum Kapitalismus, die wirtschaftliche Effizienz mit Demokratie und Gleichheit verknüpfe. Damit werde eine autoritäre Kommandowirtschaft mit der administrativen Zuteilung von Gütern und Ressourcen vermieden.
II. In den staatssozialistischen Ländern stellte sich das Problem der Warenbeziehungen praktisch. Die Überlebensfähigkeit und der Fortbestand von Marktbeziehungen erzwangen Analysen zum Verhältnis nachkapitalistischen Wirtschaftens zum Markt und damit untrennbar zur Warenproduktion. Daraus lässt sich jedoch nicht konsistent das Konzept eines M als nachkapitalistische Gesellschaft ableiten (vgl. Hába u.a. 1989, 146ff). M fungierte vielmehr als Kampfbegriff: einerseits gegen dissidente oder sozialdemokratische Auffassungen vom Standpunkt der Parteilinie, andererseits gegen deren Praxis, um ihr eine »Restauration der Marktmechanismen« zu unterstellen (Bettelheim 1970/1974, 11).
➫ Akkumulation, Analytischer Marxismus, Assoziation, Austromarxismus, befehlsadministratives System, Befehlswirtschaft, Besitz/Eigentum, dritter Weg, Errungenschaften des Sozialismus, Gemeinwirtschaft, Genossenschaft, Gorbatschowismus, Investitionskontrolle, jugoslawischer Sozialismus, Kampf der zwei Linien, Kapitalismusentstehung, kleine (einfache) Warenproduktion, Kommandohöhen, Kommodifizierung, Konkurrenz, Kriegskommunismus, Kronstädter Aufstand, Leitung, Mangelwirtschaft, Marktwirtschaft, Neue Ökonomische Politik, planmäßige Produktion des Einzelkapitals, Planwirtschaft, Preise im Sozialismus, privat/gesellschaftlich, privat/öffentlich, Privateigentum, Produktionsplanung, Produktionsverantwortlichkeitssystem, Produktionsweise, Realer Sozialismus, Reformismus, Revisionismus, Schlüsselindustrien, Sozialdemokratische Programme, sozialdemokratische Sowjetkritik, sozialistische Marktwirtschaft, sozialistische Warenproduktion, Staatseigentum, staatsmonopolistischer Sozialismus, Titoismus, Tonnenideologie, Übergangsgesellschaft, Verstaatlichung, Wert, Wertgesetz im Sozialismus