Methode
A: manhaǧ. – E: method. – F: méthode. – R: metod. – S: método. – C: fāngfǎ 方法
Michael Jäger
HKWM 9/I, 2018, Spalten 789-807
Marx’ Begriff von M ist implizit schon in den Frühschriften enthalten, wo er häufig dem zu erforschenden Stoff den Primat über das Forschungsverfahren zuspricht. Wirkliche Verhältnisse zu begreifen, schreibt er etwa, heiße »nicht, wie Hegel meint, […] die Bestimmungen des logischen Begriffs überall wiederzuerkennen, sondern die eigentümliche Logik des eigentümlichen Gegenstandes zu fassen« (KHS, 1/296). Mit diesem Postulat, das sich gegen M.n richtet, die sich in ihren Ergebnissen nur selbst wiedererkennen, widerspricht er dem Mainstream vergangener wie aktueller Methodenreflexion. Wenn er später ausdrücklich seine M erörtert, nennt er sie v.a. »dialektisch«, sonst auch »kritisch«, »analytisch« oder schlicht »theoretisch«. Ihr dialektischer Charakter ist es, der dem Postulat Genüge tun soll.
Es liegt darin eine Schwierigkeit, die dem Mainstream unbekannt ist. Denn dort wird M formalisiert, während sich Dialektik laut Edward P. Thompson nicht einmal »fixieren« lässt, da sie nur »eine durch Praktizieren erlernte Praxis« sei (1978/1980, 167). Unklar bleibt, wie dann überhaupt von ihr soll gesprochen werden können. Wolfgang Fritz Haugs Ansatz führt weiter: Obwohl »keine formalisierbare M«, wäre Dialektik »doch relevant für M in einem elementareren Sinn, als Heuristik (Findekunst) verstanden« (»Dialektik«, HKWM 2, 691). Tatsächlich kann sogar gezeigt werden, dass Findekunst nur dann nicht formalisierbar ist, wenn als Form nur logisch-mathematische M.n gelten – die ihrerseits von Findekunst untrennbar sind. Dialektik ist so gesehen ein konstitutives Element von M im Allgemeinen. Dass diese ein System oder eine Gesamtheit von Schritten ist, die folgerichtig auf ein Ziel gerichtet sind, ist unstrittig. Die Differenz zeigt sich, wenn in der sonst gängigen Methodenreflexion die logische Ableitung von Sätzen innerhalb eines bestimmten Systems, des axiomatisch-deduktiven, zum Musterbeispiel methodischer Exaktheit erhoben wird. Denn auf logische Ableitung lässt sich Dialektik nicht reduzieren. Die Vertreter der herrschenden Lehre können aber ihrerseits nicht bestreiten, dass die eben genannten Konstitutiva von M – Mehrschrittigkeit, Konsequenz und Zielstreben – an eine Sprache gebunden sind, in der man sie aufschreibt und denkt. Mathematische Axiomatik ist eine solche Sprache, Dialektik eine andere. M im Allgemeinen hat folglich ein weiteres Konstitutivum: linguistische Spezifikation. Dann aber gehört zum Begriff M auch die Geschichte des Ausdrucks ›M‹. Warum wurde er, um Konstitutiva zu bezeichnen, die es lange vor ihm gab, überhaupt gebildet und dann beibehalten? Die Bezeichnung unter dem neuen Namen, der wohl zuerst von Platon gebraucht wurde, muss selbst einen spezifischen methodischen Sinn haben. In den Wendepunkten der Geschichte der Methodenreflexion, und so bei Marx, wird man sich seiner erinnern.
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