anschauender Materialismus

A: maddīya mutabaṣira. – E: contemplative materialism. – F: matérialisme contemplatif. – R: umozritel'nyj materializm. – S: materialismo contemplativo. – C: guancha de weiwu zhuyi

Wolfgang Fritz Haug

HKWM 1, 1994, Spalten 290-297

Der aM »faßt die Sinnlichkeit nicht als Leistung eines tätigen Subjekts, sondern lediglich als passives Empfangen von Eindrücken der Außenwelt« (Lenk 1978). Im antiken Atomismus (Leukipp, Demokrit, Epikur), im mechanischen Materialismus der frühbürgerlichen Epoche (Hobbes) und der französischen Aufklärung (Helvétius, Holbach), in Deutschland zuletzt in Gestalt von Ludwig Feuerbach tritt der aM der Sache nach auf. Den Begriff prägt Marx im Moment seines Bruchs mit Feuerbach, der zuvor für seine Kritik an Hegel entscheidende Anstöße gegeben hatte.

Marx beginnt die Feuerbach-Thesen – in denen er »in unerhört kühner Folgerichtigkeit« seine »gesamte philosophische Grundanschauung« entwirft (Korsch 1922) – mit der Kritik »alles bisherigen Materialismus«, weil durch diesen »der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als sinnlich-menschliche Tätigkeit, Praxis; nicht subjektiv« (…). Dagegen sieht Marx die »tätige Seite« vom Idealismus entwickelt, wenngleich nur als geistige. – Die 2. These artikuliert die Frage nach der Wahrheit eines bestimmten Denkens als die nach seiner »Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit« und erklärt sie zur »praktischen Frage«, die zu einer »rein scholastischen Frage« verkommt, wenn sie sich auf ein Denken bezieht, »das von der Praxis isoliert ist« (Engels verändert den Wortlaut bei der postumen Erstveröffentlichung 1888 sinnverfälschend in »Denken, das sich von der Praxis isoliert«, vgl. MEW 3). – Die 9. These erklärt: »Das Höchste, wozu der aM kommt […], ist die Anschauung der einzelnen Individuen und der bürgerlichen Gesellschaft.« (…) Den Standpunkt seines eigenen neuen Materialismus bestimmt Marx in der 10. These dagegen als den der »menschlichen Gesellschaft« oder der »gesellschaftlichen Menschheit« (…). – Die 11. These artikuliert Welt-Anschauung um in Welt-Interpretation und verweist auf Welt-Veränderung (…).

Abbild, Alltagsforschung, Anerkennung, Antiphilosophie, Aufklärung, Bewußtsein, Camera obscura, Denkform, Determinismus, dialektischer Materialismus, eingreifendes Denken, Empirie/Theorie, Erfahrung, Form, Gesetz (soziales), Glück, Grundfrage der Philosophie, historischer Materialismus, Ideologe, Innenwelt/Außenwelt, mechanischer Materialismus, Metaphysik, Objektivismus, Ökonomismus, Philosophie, Philosophie der Praxis, Philosophiekritik, Praxis, Praxisphilosophie, Tätigkeit, tendenzieller Fall der Profitrate, Theorie, Vulgärmaterialismus

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