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»Antiautoritäre Erziehung« war bis 1968 in Deutschland kein Begriff. Als jedoch Neills in Deutschland 1965 zunächst in kleiner Auflage erschienene Arbeit 1969 unter dem neuen Titel //Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung// in nur einem halben Jahr 325 000-mal verkauft wurde, lag das auch daran, dass eine Gruppe von Frauen die K-Idee als ein Projekt solidarischer Selbsthilfe und zugleich Selbst-Befähigung zum politischen Eingreifen umzusetzen begonnen hatte. Die [[b:Bewegung]] zielte auf eine die [[k:Kinder, Kindheit|Kinder]]- mit der [[f:Frauenfrage]] und sozialistischer Umwälzung verbindende Perspektive: die K sollen »einen dialektischen prozess ingang setzen«, der mit der [[a:Aufhebung]] der Isolation der Frauen und Kinder beginnt und über die »erarbeitung revolutionärer erziehungsmethoden« zu einem sich vertiefenden »bewusstsein über die situation der frau in der kapitalistischen gesellschaft« führt; der »politisierungseffekt« soll schließlich auf »weniger privilegierte frauen« ausstrahlen und die öffentliche Erziehung verändern (Arbeitspapier des Aktionsrats zur Befreiung der Frauen; zit.n. Saß 1972). | »Antiautoritäre Erziehung« war bis 1968 in Deutschland kein Begriff. Als jedoch Neills in Deutschland 1965 zunächst in kleiner Auflage erschienene Arbeit 1969 unter dem neuen Titel //Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung// in nur einem halben Jahr 325 000-mal verkauft wurde, lag das auch daran, dass eine Gruppe von Frauen die K-Idee als ein Projekt solidarischer Selbsthilfe und zugleich Selbst-Befähigung zum politischen Eingreifen umzusetzen begonnen hatte. Die [[b:Bewegung]] zielte auf eine die [[k:Kinder, Kindheit|Kinder]]- mit der [[f:Frauenfrage]] und sozialistischer Umwälzung verbindende Perspektive: die K sollen »einen dialektischen prozess ingang setzen«, der mit der [[a:Aufhebung]] der Isolation der Frauen und Kinder beginnt und über die »erarbeitung revolutionärer erziehungsmethoden« zu einem sich vertiefenden »bewusstsein über die situation der frau in der kapitalistischen gesellschaft« führt; der »politisierungseffekt« soll schließlich auf »weniger privilegierte frauen« ausstrahlen und die öffentliche Erziehung verändern (Arbeitspapier des Aktionsrats zur Befreiung der Frauen; zit.n. Saß 1972). | ||
- | Der Versuch, mit den K »schon innerhalb der bestehenden Gesellschaft Modelle einer utopischen Gesellschaft zu entwickeln« (Sander 1968/1970), war hart umkämpft: In den Konfliktlinien zwischen »[[a:antiautoritäre Bewegung|antiautoritären]] Positionen und sozialistischem [[d:Dogmatismus]]« kam zugleich eine »[[g:Geschlecht]]erdifferenz« zum Ausdruck (Berndt o.J.), die in der in der Linken dominanten Position, wonach Fragen des [[a:Alltag|Alltags]] und der Erziehung als ›[[g:Grundwiderspruch, Haupt-/Nebenwiderspruch|Nebenwidersprüche]]‹ einer auf ›revolutionäre‹ Kräfte gerichteten Politik zu behandeln seien, verdrängt war. Die K-Bewegung arbeitete den Slogan ›das Private ist politisch‹ als Kritik der politischen Tabuierung des ›Privatlebens‹ aus und entwickelte ein Modell allgemeiner Erziehungsverantwortung. Der erzieherische Privatbereich familiärer Eltern-Kind-Verhältnisse sollte – den marxschen Hinweis aufnehmend, dass »der Erzieher selbst erzogen werden muss« (//ThF// 3) – geöffnet, Erziehung einer kollektiven Kritik zugänglich und zugleich bewusst gemacht werden, dass es dabei um »so etwas wie das [[b:Bedürfnis]] eines Kindes« gehe (Seifert 1995), um letztlich den gesellschaftlichen ›[[a:Autorität]]skreislauf‹ durch den Abbau »feindseliger Beziehungen zwischen den Generationen« (Berndt o.J.) zu durchbrechen. Zur [[e:Erneuerung]] der Politikform trug die Bewegung dadurch bei, dass sie, wie später viele Initiativen im sozialen und ökologischen Bereich, an der Selbstorganisation im Alltag ansetzte, Erziehungsfragen und [[g:Geschlechterverhältnisse]] aber nicht als separate (Frauen-)Politik behandelte, sondern in den Rahmen der Reproduktion der Gesamtverhältnisse stellte – was wiederum eine Politik voraussetzte, in der »die Widersprüche zwischen dem antikapitalistischen und dem antipatriarchalischen [[k:Kampf]] bewusst gemacht und ausgetragen« werden (Flugblatt der Gruppe Dernburgstraße, o.Dat.). Trotz der von rechts inszenierten Missbrauchskampagnen erwies sich das Modell – seit den 1970er Jahren etablierten sich in Europa und den USA eine Vielzahl solcher Einrichtungen – als wegweisendes Experiment auf die Massentauglichkeit einer neuen sozialistischen Politik und einer der wirkungsvollsten realpolitischen Impulse der ›Neuen Linken‹, der nach dem Zerfall der politischen Bewegung in Reformprojekte mündete. | + | Der Versuch, mit den K »schon innerhalb der bestehenden Gesellschaft Modelle einer utopischen Gesellschaft zu entwickeln« (Sander 1968/1970), war hart umkämpft: In den Konfliktlinien zwischen »[[a:antiautoritäre Bewegung|antiautoritären]] Positionen und sozialistischem [[d:Dogmatismus]]« kam zugleich eine »[[g:Geschlecht|Geschlechter]]differenz« zum Ausdruck (Berndt o.J.), die in der in der Linken dominanten Position, wonach Fragen des [[a:Alltag|Alltags]] und der Erziehung als ›[[g:Grundwiderspruch, Haupt-/Nebenwiderspruch|Nebenwidersprüche]]‹ einer auf ›revolutionäre‹ Kräfte gerichteten Politik zu behandeln seien, verdrängt war. Die K-Bewegung arbeitete den Slogan ›das Private ist politisch‹ als Kritik der politischen Tabuierung des ›Privatlebens‹ aus und entwickelte ein Modell allgemeiner Erziehungsverantwortung. Der erzieherische Privatbereich familiärer Eltern-Kind-Verhältnisse sollte – den marxschen Hinweis aufnehmend, dass »der Erzieher selbst erzogen werden muss« (//ThF// 3) – geöffnet, Erziehung einer kollektiven Kritik zugänglich und zugleich bewusst gemacht werden, dass es dabei um »so etwas wie das [[b:Bedürfnis]] eines Kindes« gehe (Seifert 1995), um letztlich den gesellschaftlichen ›[[a:Autorität|Autoritäts]]kreislauf‹ durch den Abbau »feindseliger Beziehungen zwischen den Generationen« (Berndt o.J.) zu durchbrechen. Zur [[e:Erneuerung]] der Politikform trug die Bewegung dadurch bei, dass sie, wie später viele Initiativen im sozialen und ökologischen Bereich, an der Selbstorganisation im Alltag ansetzte, Erziehungsfragen und [[g:Geschlechterverhältnisse]] aber nicht als separate (Frauen-)Politik behandelte, sondern in den Rahmen der Reproduktion der Gesamtverhältnisse stellte – was wiederum eine Politik voraussetzte, in der »die Widersprüche zwischen dem antikapitalistischen und dem antipatriarchalischen [[k:Kampf]] bewusst gemacht und ausgetragen« werden (Flugblatt der Gruppe Dernburgstraße, o.Dat.). Trotz der von rechts inszenierten Missbrauchskampagnen erwies sich das Modell – seit den 1970er Jahren etablierten sich in Europa und den USA eine Vielzahl solcher Einrichtungen – als wegweisendes Experiment auf die Massentauglichkeit einer neuen sozialistischen Politik und einer der wirkungsvollsten realpolitischen Impulse der ›Neuen Linken‹, der nach dem Zerfall der politischen Bewegung in Reformprojekte mündete. |
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