Kathedersozialismus

A: ištirākiyah maktabiya. – E: Katheder-socialism. – F: socialisme de la chaire. – R: kateder-socializm. – S: socialismo de cátedra. – C: jiangtan shehuizhuyi 讲坛社会主义者

Bernd Florath

HKWM 7/I, 2008, Spalten 504-514

»K« wurde im Reichsgründungsjahr 1871 in denunziatorischer Absicht von Heinrich Bernhard Oppenheim in der Nationalzeitung (17.12.1871) geprägt (Conrad 1906), um eine Gruppe deutscher Professoren zu treffen. Obwohl die Gemeinten das Etikett empört zurückwiesen und etwa Lujo Brentano die Bezeichnung »realistische Volkswirte« für die Gruppe reklamierte (…), setzte sich der Name durch zur Kennzeichnung einer akademischen Strömung, die sich vom Liberalismus ab- und »einer ethisch begründeten, obrigkeitsstaatlichen Sozialreform« zugewandt hatte, wobei seine Bestrebungen als Teil »eines allgemeineren Paradigmenwechsels in der ›sozialpolitischen‹ Behandlung der Klassenfrage im Übergang zum 20. Jh.« zu verstehen sind (Rehmann 1998). Der K hat wesentlich dazu beigetragen, den ursprünglich konservativ geprägten Begriff der ›Sozialpolitik‹ (zunächst im deutschen Sprachraum) durchzusetzen (Sorg 1990).

Den historischen Kontext bildet einerseits der Aufstieg der sich noch vorwiegend marxistisch-revolutionär verstehenden Arbeiterbewegung, andererseits die Krise des reinen Konkurrenzkapitalismus, der im Ergebnis der Konzentration und Zentralisation des Kapitals übergegangen war zum System der »Kartelle und Trusts […] auf dem Boden des inneren Konkurrenzkampfes zwischen einzelnen Kapitalgruppen um die Monopolisierung der vorhandenen Akkumulationsgebiete und um die Verteilung des Profits« (Luxemburg Akku), sowie zur zunehmend »vorherrschenden Rolle des Bankkapitals und der Kartellindustrie in der Weltpolitik« (Antikritik). Das Resultat »hebt die Selbstregulierungsfähigkeit des Systems auf und macht daher Staatseingriffe notwendig«, wobei der Einschnitt »ca. 1870« anzusetzen ist (Altvater 1975). (WFH)

Mit dem K reagiert ein Teil des deutschen Bildungsbürgertums darauf, dass die soziale Frage Ende der 1870er/Anfang der 80er Jahre weder als bloßes ordnungspolitisches Problem noch durch Festhalten am wirtschaftsliberalen laissez faire, wie sie der einflussreiche Volkswirtschaftliche Kongress vertrat, lösbar sei. Der K knüpft an verschiedene, ja teilweise gegensätzliche sozialpolitische Konzepte an: Ferdinand Lassalle (Produktivgenossenschaften mit Staatshilfe), Hermann Schulze-Delitzsch (Genossenschaften beruhend auf Selbsthilfe) sowie Carl Rodbertus, Lorenz von Stein und Friedrich Albert

Arbeiterbewegung, Austromarxismus, Faschismus, Gewerkschaften, Historische Schule der Ökonomie, Imperialismus, Intellektuelle, Kapital, Kapitalismus, Klasse an sich/für sich, Klassenkampf, kleinbürgerlicher Sozialismus, Konservatismus, Konzentration und Zentralisation des Kapitals, Lassalleanismus, Legaler Marxismus, Liberalismus, Marxismus, Monopol, Monopolkapital, Pariser Kommune, politische Ökonomie, Proletariat, Reformismus, Sozialdemokratie, Sozialpolitik, Vulgärökonomie

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