Kernstruktur
A: buniyah nawawiyah. – E: core structure. – F: structure noyau. – R: stroenie jadra. – S: estructura nuclear. – C: hexin jiegou 核心结构
Wolfgang Fritz Haug
HKWM 7/I, 2008, Spalten 577-584
Der Begriff der ›K‹ ist v.a. in der Physik (Struktur des Atomkerns, vgl. Rutherford 1921) und der Biologie (Struktur des Zellkerns) zuhause. In die Gesellschaftstheorie hat ihn Marx eingeführt, der in Bezug aufs Kapital im Rahmen seiner KrpÖ abwechselnd von »K« und von »Kerngestalt« spricht.
Anders als die Naturwissenschaften verbindet Marx den Begriff der ›K‹ mit dem Begriff des seinem Gegenstand wesenhaft zugehörigen falschen Scheins oder der Mystifikation. Er erkennt darin einen Sonderfall eines allgemeinen Erkenntnisproblems: »Dass in der Erscheinung die Dinge sich oft verkehrt darstellen, ist ziemlich in allen Wissenschaften bekannt, außer in der politischen Ökonomie.« (…)
[…] Das Bild von Kern und Schale oder Hülle fügt sich im marxschen Diskurs zu einer Reihe weiterer binär-topischer Metaphern (innen/außen, Oberfläche/Tiefe) und tendiert zum Begriff des Wesens im komplementären Gegensatz zur Erscheinung. Kritisch zu bedenken ist dabei 1. der metaphorische Charakter und 2. die antidialektische Natur solcher Dualismen und Reduktionismen, deren blinde Dialektik Althusser am Beispiel von Kern und Schale so erhellend reflektiert hat (PM).
➫ Anatomie, Artikulation/Gliederung, Ausdruck, Basis, Begriff, Empirie/Theorie, Empirismus, Erscheinung/Erscheinungsform, falsches Bewusstsein, Forschung/Darstellung, Ganzes, Identitätslogik, Ideologietheorie, innen/außen, Instanz, Kapital, Kapital im Allgemeinen, kapitalistische Produktionsweise, Kategorie, Konkurrenz, Metapher, Oberfläche/Tiefe, objektive Gedankenformen, Schein, Theorie, Vulgärmarxismus, Vulgärökonomie, Wesen/Erscheinung